Coronavirus

Bestandzinsminderung in der COVID-19 Krise?

Aufgrund der derzeitigen COVID-19 Krise dürfen viele Unternehmen ihre Geschäftsräumlichkeiten aufgrund behördlicher Anordnung nicht öffnen oder deren (vollständige) Nutzung ist aus tatsächlichen Gründen, wie etwa Betretungsverboten öffentlicher Orte, nicht möglich. Es stellt sich daher die Frage, ob für diesen Zeitraum der Bestandzins gezahlt werden muss oder eine Minderungsmöglichkeit besteht.

Die – sonst bei Mietzinsminderungen übliche – Rechtsgrundlage des § 1096 ABGB greift nur bei „Unbrauchbarkeit der Bestandsache“ und „minderem Zufall“ und ist also hier grundsätzlich nicht anwendbar.

Für Fälle „höherer Gewalt“ oder „außerordentlichen Zufalls“ trifft das ABGB hingegen in den §§ 1104 und 1105 Vorsorge:

  • 1104 ABGB sieht vor, dass die Pflicht zur Zahlung des Bestandzinses bei Eintreten eines außerordentlichen Zufalles, der den Gebrauch des Bestandobjektes gänzlich unmöglich macht, entfällt. Darunter fallen nach dem Gesetzeswortlaut etwa außerordentlicher Zufälle wie Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen und Wetterschläge. Da die Ausbreitung von COVID-19 bereits von der WHO als Pandemie bezeichnet wurde, ist davon auszugehen, dass die derzeitige Situation als „Seuche“ unter diese Bestimmung fällt.

Des Weiteren sieht die Rechtsprechung vor, dass es sich immer dann um „außerordentlichen Zufälle“ handelt, wenn es um elementare Ereignisse geht, die einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beeinflussbar sind, sodass für deren Folgen von niemandem Ersatz erwartet werden kann (OGH 7 Ob 520/87). Auch dies ist gegenständlich wohl gegeben.

In der derzeitigen Situation liegt unseres Erachtens daher ein solches außerordentliches Ereignis vor, so dass bei gänzlicher Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts die Pflicht zur Zinszahlung in der Regel entfällt.

Da allerdings nicht alle Geschäftsräumlichkeiten komplett unbrauchbar sind (z.B. Gastronomiebetriebe, die geschlossen bleiben müssen, haben teilweise auf Lieferservice umgestellt) kommt wohl in vielen Fällen § 1105 ABGB zur Anwendung: Dieser sieht vor, dass bei beschränkten Gebrauch des Mietstückes, ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen wird. Dies kann etwa in Fällen, in denen es zu Betriebseinschränkungen aufgrund der COVID-19 Maßnahmengesetze kommt, der Fall sein. Oft werden Kundenbereiche davon betroffen sein, die öffentlich nicht mehr zugänglich sind und daher nicht in vollem Umfang genutzt werden können, aber dennoch eine Restnutzung des Bestandgegenstands, z.B. als Büro oder Lager, erfolgt.

Wie hoch diese Mietzinsminderung sein darf, ist in jedem Einzelfall gesondert zu beurteilen. Da die Angemessenheit häufig schwer abzuschätzen ist, kann vorerst gegenüber dem Vermieter bei jeder Zahlung mitgeteilt werden, dass der Mietzins nur mit Vorbehalt bezahlt wird. Andernfalls droht das Risiko der Kündigung. Eine gänzlich vorbehaltlose Zahlung hingegen schließt jedoch künftige Rückforderungsansprüche in der Regel aus.

Eine Besonderheit sieht § 1105 ABGB weiters für Pachtverträge vor: das teilwiese Minderungsrecht des § 1105 ABGB gilt bei Pacht nur bei einer Laufzeit von höchstens einem Jahr und nur bei mehr als 50%-iger Unbrauchbarkeit.

Zudem ist zu beachten, dass die genannten Bestimmungen dispositiv sind: Es ist daher denkbar, dass sich aus den konkreten Bestandverträgen abweichende, individuelle Regeln ergeben, die dann vorgehen.

Vor der Setzung von bestandzinsmindernden Maßnahmen muss daher jedenfalls eine Prüfung der konkreten Situation erfolgen, um weitere Nachteile hintanzuhalten. Eine gesicherte Rechtsprechung zu diesem Themenkreis fehlt jedoch derzeit noch. Bei Fragen stehen wir gerne unter office@greindlkoeck.at oder telefonisch unter 01 494 6363 zur Verfügung.

Ein Beitrag von Mag. Markus Hofpointner, Rechtsanwalt und Partner bei Greindl & Köck Rechtsanwälte & Mag. Tanja Schmadl, Rechtsanwaltsanwärterin.